Nachruf auf Heinz Vettermann

Heinz Vettermann

Als ich das erste mal von Heinz Vettermann hörte war ich ein kleiner Schülervertreter in Linz und er Sekretär in der SJ Wien. Die „Faymann/Vettermann-Partie“ war, von Oberösterreich aus gesehen, der Hort des Bösen, ich war gewarnt.

Ein paar Jahre später absolvierte ich ein mehrteiliges Rhetorik-Seminar am Renner-Institut und Heinz war einer meiner Trainer. Nach einigen langen Gesprächen in den Mittagspausen im Park des Schlosses Altmannsdorf war mir klar, dass er nicht zu den Bösen gehört, ganz im Gegenteil: Wir wurden Freunde für’s Leben.

Wieder ein paar Jahre später stellten wir unabhängig voneinander fest, dass wir uns beide für Buddhismus interessierten und fragten uns, was das eigentlich für unser politisches Engagement bedeutete. Wir gründeten gemeinsam die Gruppe Red Buddha, um diese Frage für uns beantworten zu können: Wie gehen spirituelle Entwicklung und Politik eigentlich zusammen? Wir fanden gar nicht so wenige MitstreiterInnen auf diesem Weg und lernten von spannenden Menschen, die zu dem Thema einiges zu sagen hatten, wie etwa Karl-Heinz Brodbeck, David Loy oder Kai Romhardt.

Was wir dort lernten, und was Heinz aus seiner eigenen Praxis in verschiedenen Zen-Schulen mitnahm, floss in seine vielfältigen Aktivitäten ein: Bis zuletzt als Generalsekretär der Österreichischen Buddhistischen Religionsgesellschaft und lange Jahre als Wiener Gemeinderat, als Vorsitzender der SPÖ Josefstadt und in vielen anderen Funktionen. Überall, wo er sich engagierte, hinterließ er tiefe Spuren.

Heinz, ich werde Dich vermissen: Dein Engagement, Deine ruhige, überlegte Art, Deinen Humor, Deine spirituelle Tiefe, die Du nicht plakativ vor Dir her tragen musstest. In Deiner Gegenwart fühlten sich die Leute wohl und Du hattest immer einen guten Rat parat.

Du bist viel zu früh gegangen. Mach’s gut!

Keine Angst! – Eine Replik auf Robert Misik

In seinem Blog schreibt mein Freund Robert Misik am 21. März 2020 unter dem Titel „Ich will, dass Ihr Angst habt“ unter anderem:
Viele Menschen sagen, man soll den Leuten keine Angst machen. Aber ehrlich gesagt: Ich will, dass ihr Angst habt. (Fahr-)Lässigkeit kann jetzt tausende Menschenleben kosten.

Hier meine kleine Replik darauf:

Die Leute haben sowieso Angst, Angst vor dem Unbekannten, Angst vor Veränderungen, die sie nicht beeinflussen können, Angst vor Leid und Tod. Diese Ängste kann man niemandem nehmen, man muss sie aber auch nicht verstärken oder herbeiwünschen. Was vielleicht manchen hilft, ist, sich der eigenen Spiritualität oder Religion zu besinnen und sich entsprechend zu verhalten. Das mag nicht viel sein, ist aber besser als nichts und hilft den Leuten zumindest ein wenig weiter.

Angst um einen selbst ist aber ein zutiefst unproduktives Gefühl, weil es die Menschen lähmt und nicht zu adäquatem Handeln anleitet. Deshalb finde ich die Kommunikationslinie der Regierung gut, die die Angst um die – wirklich gefährdeten – Großeltern in den Mittelpunkt stellt. Dadurch wird aus Angst das, was die Tibeter „tätiges Mitgefühl“ nennen, und dieses kann tatsächlich Verhaltensänderungen bewirken.

Also, liebe Leute: Meditiert, betet, schickt Wünsche ans Universum, alles gut: Aber kümmert Euch vor allem um Eure Liebsten und um die Älteren unter uns!

Noch ein Satz an meine buddhistischen Freunde, frei nach dem gestrigen Teaching von Karmapa: Stellt auch nicht zu hohe Ansprüche an Euch selbst, die Ihr dann nicht erfüllen könnt. Jetzt ist auch nicht die Zeit, um zum Bodhisattva zu werden, es reicht und ist gut, wenn Ihr Euch um Euer eigenes Karma kümmert. Damit ist schon viel erreicht.

🖖

Warum sollte Hans die SPÖ wählen?

Hans ist Installateur, 29 Jahre alt, und wohnt mit seiner Frau Karin und seinem kleinen Sohn Marcel in einer Mietwohnung in Floridsdorf. Karin ist gelernte Friseurin, aber sie arbeitet nicht mehr, seit Marcel geboren wurde. Karin ist mit dem zweiten Kind schwanger. Karin und Hans würden gerne ein Haus bauen, das geht aber erst, wenn sie zumindest halbtags wieder arbeiten und etwas dazuverdienen kann.

Hans fährt gerne mit dem Auto. Vom Chef hat er einen Lieferwagen, mit dem er von Kundschaft zu Kundschaft fährt. Mit seinem eigenen Auto macht er am Wochenende Spritztouren mit seinen Freunden und Ausflüge mit der Familie. Karin braucht das Auto für Besorgungen und um einkaufen zu fahren. Hans weiß, dass das Autofahren ein Problem für die Umwelt ist. Aber es ist eben auch sein Hobby, für das er sich nicht genieren will. Immerhin war das Auto teuer, er zahlt es noch immer ab und er zahlt auch jede Menge Steuern. Er hat den Eindruck, dass er als Autofahrer nur zahlen darf und dafür von der SPÖ und ihrer Radfahrerlobby nicht einmal respektiert wird.

Hans ist Raucher. Eigentlich sind fast alle seiner Freunde Raucher. Er hat nichts gegen Nichtraucher und er weiß, dass das Rauchen nicht gut für ihn ist. Er hat aber das Gefühl, einer Hexenjagd ausgesetzt zu sein. Nicht einmal bei seinem Stammwirt (der und seine Kellner rauchen selbst) darf er mehr pofeln, auch nicht im überbauten Würstelstand – der Würstelmann raucht zwei Packerln am Tag. Die Strafen für die Wirten findet er absurd hoch. Jetzt müssen er und seine Freunde in der Kälte rauchen und er fühlt sich von der SPÖ, die das auch noch als Sieg feiert, mehr als schlecht behandelt.

Hans hat einen großen Hund namens Rexi, Ulli Sima nennt ihn einen Listenhund. Er ist mit großen Hunden aufgewachsen und kennt sich gut mit ihnen aus. Er mag seinen Hund und der Hund mag ihn. Rexi würde nie jemandem etwas zu Leide tun. Hans versteht schon, dass manche Hunde gefährlich sind, aber das liegt seiner Ansicht nach eher an den Haltern als an den Rassen. Dafür muss er mit Rexi jetzt einen Kurs besuchen, er muss eine theoretische und eine praktische Prüfung machen und Rexi darf nur noch mit Leine und Maulkorb außer Haus. Worüber sich Hans aber am meisten ärgert: Er darf, wenn er nachts vom Wirten kommt, mit seinem Hund nicht einmal mehr Gassi gehen – es gilt die selbe Alkoholgrenze wie beim Autofahren und die mögliche Strafe beträge € 1.000,-! Hans und Rexi fühlen sich von der SPÖ ohne Grund schikaniert.

Hans ist keine echte Person, er ist eine Persona. Jemand, in den man sich einfühlen kann, wie es ihm geht. Und die obigen Beispiele waren nur drei von dutzenden, die mir einfallen würden – von Musikgeschmack bis zu sexueller Orientierung, von „manspreading“ bis zu Hausfrauen, von Fleisch essen bis Pauschalreisen. Die LeserInnen dieses Blogs sind herzlich eingeladen, die Geschichte von Hans, Karin, Marcel und Rexi weiterzuschreiben!

Das dahinterliegende Thema ist immer dasselbe: Wer heutzutage einen traditionellen Lebensstil lebt, wird von dominanten Teilen der SPÖ als defekt oder verbesserungswürdig wahrgenommen – und es wird diesen Personen auch vermittelt, dass sie sich bessern oder erzogen werden müssen. Diese fühlen sich abgewertet und nicht respektiert, manchmal wohl zu recht.

Dabei geht es oft weniger um die Inhalte, als um den Ton, der die Musik macht. Die Menschen wissen genau, dass die SPÖ eine tolle Gesundheitspolitik macht, sie wissen, dass die Gemeindebauten eine große Errungenschaft sind und, dass eine pünktliche und saubere U-Bahn nicht selbstverständlich ist. Darum geht es nicht. Die Menschen verstehen auch, dass man weniger rauchen und weniger Auto fahren sollte. Aber sie verstehen nicht, warum sie deshalb als Menschen – gefühlt – weniger wert sind, warum sie schikaniert werden, warum die Politik sie erziehen will.

Und sie verstehen nicht, warum sie die SPÖ wählen sollten, wenn die SPÖ sie augenscheinlich nicht mag.