Ich werde oft gefragt, ob die Herkunftsschätzungen aufgrund von DNA-Tests sinnvoll sind, und, wenn ja, welchen Anbieter ich empfehlen würde. Anstelle einer kurzen Antwort, hier ein kleiner Vergleich meiner eigenen Testergebnisse.
Kurzfassung für Eilige:
Die Anbieter sind sich weitgehend einig, dass meine Vorfahren fast zur Gänze aus Europa kommen. Woher in Europa, darin scheiden sich die Geister. Die unterschiedlichen Definitionen der Herkunftsgebiete erschweren die Vergleichbarkeit, das ist ein Teil der Erklärung.
23andMe sieht mich zum Beispiel zu 45,8 % als deutsch/französisch, Ancestry zu 48 % als deutsch. FamilyTreeDNA gesteht mir aber nur 12 % Zentraleuropa zu und MyHeritage hat mich zu 17,7 % in Nord- und Westeuropa.
Auch meine angeblichen italienischen Vorfahren schwanken zwischen 12,6 % bei 23andMe und 2 % bei Ancestry. Bei MyHeritage und FamilyTreeDNA kommt Italien dagegen überhaupt nicht vor.
Große Abweichungen gibt es auch bei der Herkunft vom Balkan: 50 % bei MyHeritage, 10 % bei Ancestry, max. 22 % bei FamilyTreeDNA und nur max. 0,2 % bei 23andMe. Offenbar besteht keine Einigkeit darin, wo der Balkan eigentlich beginnt … :-)
Einigermaßen einig sind sich die Anbieter hingegen bei meinen (bislang immer noch unbekannten) jüdischen Vorfahren: Die Schätzung meiner ashkenazi-Gene schwankt zwischen 2 und 4 %, nur FamilyTreeDNA hat die nicht identifizert. Nachdem ich allerdings bei allen Services tausende jüdische Matches habe kann ich davon ausgehen, dass sich FamilyTreeDNA hier irrt.
Conclusio:
Die Qualität der DNA-Herkunftsschätzungen ist enden wollend. Sie haben einen gewissen Unterhaltungswert und sie erlauben eine sehr grobe Einschätzung, woher man stammt. Will man also wissen, ob man in den letzten paar Generationen asiatische oder afrikanische Vorfahren hatte, und das Ergebnis ist 100 % Europa, dann kann man davon ausgehen, dass das nicht der Fall ist. Was ebenfalls gut funktioniert, ist die Identifikation von kleinen, genetisch gut abgrenzbaren Gruppen, wie etwa den Ashkenazi. Aber die Frage, woher in Europa die eigenen Vorfahren kommen, wird man so nicht zuverlässig klären können.
23andMe
23andMe ist einer der ältesten Anbieter von DNA-Tests für Genealogie und Gesundheit. Laut deren „Ancestry Composition“ Report sind meine Gene zu
45,8 % deutsch/französisch
25,9 % osteuropäisch
15,1 % südeuropäisch
(davon zu 12,6 % italienisch, 0,2 % griechisch/Balkan und 2,3 % allgemein südeuropäisch)
2,1 % jüdisch (ashkenazi)
10,8 % unspezifisch europäisch
0,3 % levantinisch
Ancestry
Ancestry ist der mit Abstand größte Anbieter von Online-Genealogie-Dienstleistungen weltweit, allerdings hauptsächlich auf den US-Markt ausgerichtet. Deren „Ethnicity Estimate“ lautet:
48 % deutsch
30 % osteuropäisch und russisch
10 % Balkan
5 % dänisch und schwedisch
3 % europäisch jüdisch (=ashkenazi)
2 % norditalienisch
2 % schottisch
MyHeritage
MyHeritage ist der Platzhirsch für Online-Genealogie in Europa, stieg allerdings erst relativ spät in die DNA-Genealogie ein. Deren „Ethnizitätsschätzung“ ist wie folgt:
50 % Balkan
20,8 % irisch, schottisch und walisisch
17,7 % nord- und westeuropäisch
6,3 % iberisch
4,0 % jüdisch (ashkenazi)
1,2 % nordafrikanisch
FamilyTreeDNA
FTDNA ist ein sehr spezialisierter Anbieter mit hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. Insbesondere bieten sie auch eigene Tests, um die Herkunft der väterlichen Linie (yDNA) und der mütterlichen Linie (mtDNA) erforschen zu können. Unter „MyOrigins“ sehen sie meine Herkunft wie folgt:
24 % westslawisch
12 % ungarisch
22 % Griechenland und Balkan
10 % baskisch
2 % maltesisch
13 % irisch
12 % zentraleuropäisch
5 % skandinavisch
< 1 % beduinisch
< 1 % sephardisch jüdisch
Zwei kleinere Anbieter liste ich zusätzlich noch auf meiner Personal Relatives Finder-Seite.