Neulich flatterte etlichen österreichischen Internet-Providern ein Anwaltsschreiben ins Haus. Nach einer umfänglichen Darstellung, wen dieser Anwalt aller vertritt (es handelt sich um diverse Größen der österreichischen Filmindustrie) und wo die Werke seiner Mandaten zum Download zur Verfügung stehen (nämlich auf in Rußland gehosteten Streaming-Servern), kommt er schließlich zur unmißverständlichen Forderung: Die Provider mögen den Zugang zu den Servern, auf denen die Filme zum Streaming angeboten werden, sperren, ansonsten drohe eine gerichtliche Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs gegen die Provider. Nachsatz: „Wir wissen, dass solche Blockaden auch regelmässig (für andere Zwecke) praktiziert werden.“
Im Schatten der unseligen Kinderpornosperr-Diskussion, die nachweislich von der Contentindustrie mit angeheizt wurde, waren solche Unterlassungsaufforderungen früher oder später zu erwarten. Der Anwalt macht sich – entgegen früherer derartiger Begehren – auch gar nicht mehr die Mühe, mit tatsächlich vorgefallenen Urheberrechtsverletzungen zu argumentieren (was auch nichts ändern würde), es geht vielmehr ausschließlich darum, daß die Kunden der betroffenen Provider ihren Internetanschluß dazu nützen könnten, sich auf diesen Servern irgendwelche Filme oder Fernsehserien anzusehen.
Die ISPA, der Verband der österreichischen Internet-Provider, hat darauf prompt und, wie ich meine, korrekt reagiert: „Wir machen uns sicher nicht zu Erfüllungsgehilfen für Wegelagerer-Praktiken, mit denen abermals versucht werden soll, längst überholte Geschäftsmodelle zu retten“ schreibt die ISPA in einer Presseaussendung mit dem Titel „Copyright-Inhaber agieren wie Wegelagerer“ und zitiert ihren Generalsekretär Andreas Wildberger mit folgenden Worten: „Es ist ja wohl einmalig, dass sich die Rechteinhaber nicht mal mehr die Mühe machen, mit konkreten Downloads zu argumentieren sondern einfach damit, dass etwas der Fall sein könnte“, kommentiert Wildberger das fragliche Begehren, „Es könnte auch jemand, der auf der Autobahn fährt, in seinem Kofferraum schwarz kopierte Videos transportieren. Die ASFINAG macht den Transport erst möglich. Erhält die ASFINAG deswegen auch eine Unterlassensaufforderung?“.
Ich bin nur froh, daß die Diskussion über die Sperre von Kinderporno-Seiten bisher zu keinem Ergebnis geführt hat und hoffe, daß das auch weiterhin so bleibt. Vielleicht erkennen die zuständigen Politikerinnen und Politiker jetzt, daß es in der Debatte nicht um das Wohl mißbrauchter Kinder, sondern um die Interessen einer ganz anderen Industrie geht, die seit vielen Jahren versucht, ihre überholten Geschäftsmodelle zu retten, indem sie ihre Kunden verklagt und ihre kärglichen Gewinne lieber Horden von Anwälten und Lobbyisten in den Rachen wirft – anstatt sich neue Vertriebswege und Einnahmequellen einfallen zu lassen.