Frauenförderung durch Abwechslung an der Spitze!

Ein Diskussionsbeitrag, wie mittelfristig der Frauenanteil in Spitzenpositionen massiv angehoben werden könnte – in der SPÖ und anderswo.

Vorbemerkung: Frauenpolitik gehört nicht zu meinen Kernkompetenzen. Ich beschäftige mich aber intensiv mit Biographien von PolitikerInnen – und dabei ist nicht zu übersehen, dass es in diesem Land zwar viele Stellvertreterinnen, aber nur sehr wenige Chefinnen gibt. Aus dieser Beobachtung heraus habe ich mich gefragt, wie man diesen Zustand ändern könnte. So entstand dieser Vorschlag, den ich hiermit zur Diskussion stellen möchte. Ich würde mich freuen, wenn er Eingang in den laufenden Parteireformprozess der SPÖ und vielleicht auch in andere Organisationen finden würde. Denn die Anzahl der Präsidentinnen und Direktorinnen außerhalb der Sozialdemokratie ist ebenfalls endenwollend.

Zweite Vorbemerkung: Mein Vorschlag funktioniert mit oder ohne Quotenregelung, die ich hier nicht zur Diskussion stellen will. Meine These in diesem Zusammenhang ist, dass die Quotenregelung augenscheinlich nicht ausreichend ist, um Frauen in Spitzenfunktionen zu bringen. Nicht mehr und nicht weniger.

Die Quotenregelung hat dazu geführt, dass Frauen nun in praktisch allen Gremien einigermaßen repräsentiert sind. Von der Sektionsleitung bis zum Bundesparteivorstand, von der Gemeinderats- bis zur Nationalratswahlliste: Überall nähert man sich langsam, aber stetig, dem magischen 50 %igen Frauenanteil an. Aber wo passiert das nicht? Bei den Spitzenfunktionen.

Die Quote führt nämlich auch dazu, dass Frauen fast überall in Stellvertreterpositionen landen, egal, auf welcher Ebene. Vorsitzende von Landesparteien gibt es neuerdings genau eine, Vorsitzende auf Bezirks- und Ortsebene sind immer noch eine Rarität, genauso wie Landeshauptfrauen, Bezirksvorsteherinnen oder Bürgermeisterinnen. Von anderen der Sozialdemokratie nahestehenden Organisationen, wie Vorfeldvereine, Gewerkschaften oder Landesarbeiterkammern ganz zu schweigen. Stellvertreterinnen hingegen gibt es jede Menge!

Leider ist es aber so, dass es die Spitzenpositionen sind, die in der Öffentlichkeit zählen, und nicht Plätze in den Gremien. Die Menschen in den Spitzenpositionen können ihre MitarbeiterInnen aussuchen, lächeln von den Wahlplakaten, sind meist in die nächsthöhere Ebene delegiert, geben den Medien Interviews, können Leadership zeigen und stehen allgemein im Rampenlicht. Die anderen sind auch wichtig, stehen aber meist im Schatten. Der Sichtbarkeit von Frauen in der Öffentlichkeit ist das nicht zuträglich, ganz im Gegenteil. Und die Gesellschaft verschwendet wertvolles Potential, nämlich jenes der Frauen.

Über die Gründe dafür will ich jetzt gar nicht spekulieren. Aber das System gehört geändert. Und das geht ganz einfach: Die goldene Regel, die möglichst auch statutarisch verankert werden sollte, lautet:

Auf jeden Mann in einer Spitzenfunktion muss eine Frau in derselben Funktion nachfolgen. Ein Bezirksparteivorsitzender oder Bürgermeister etwa soll also, wie bisher, solange im Amt bleiben, bis er nicht mehr gewählt wird, zurücktritt oder nicht mehr kandidiert. Wenn er aber ausscheidet, dann muss ihm zwingend eine Frau nachfolgen. Diese kann dann wieder so lange im Amt bleiben, wie es eben passt. Verliert sie ihr Amt, so kann ihr ein Mann oder eine Frau nachfolgen, das ist dann offen.

Der wichtigste Vorteil liegt auf der Hand: Mittel- bis langfristig werden über 50 % aller Spitzenfunktionen auf allen Ebenen von Frauen besetzt.

Es gibt aber noch ein Argument, das mir wichtig ist: Die bisherigen Platzhirschen und Silberrücken sind gezwungen, gute Frauen als ihre Kronprinzessinnen aufzubauen, sonst fällt ein allfälliger Misserfolg auf sie selbst zurück, wenn sie einmal abtreten. Es reicht also nicht mehr, sich um die richtige Anzahl an „Quotenfrauen“ für das jeweilige Gremium zu kümmern (wie das ja bisweilen noch der Fall sein soll); Nein, es geht um die Ausbildung von wirklich guten Frauen für Spitzenpositionen, die sich gezielt auf ihre zukünftigen Aufgaben vorbereiten können und von ihren Vorgängern bestmöglich gefördert werden.

Über die Details zu dieser Idee muss man selbstverständlich noch reden. Der Plan funktioniert, so wie er hier skizziert wurde, in jedem Fall innerparteilich auf allen Ebenen. Dort, wo die Sozialdemokratie in Konkurrenz mit anderen steht (etwa bei Gemeinderatswahlen), muss man noch genauer definieren, ob zum Beispiel auf einen ÖVP-Bürgermeister zwingend eine SPÖ-Bürgermeisterin folgen muss. Aber das sind Kleinigkeiten, die in der Diskussion sicher leicht zu lösen sind.

Ich freue mich auf Feedback zu diesem Vorschlag!

Koalitionen zwischen SPÖ und FPÖ – Was war die Frage?

FPÖ Wahlplakat "Abendland in Christenhand"

 

Vor 30 Jahren legte sich Kanzler Vranitzky fest, dass es keine Koalition der Sozialdemokratie mit den Freiheitlichen geben dürfe. Seither wurde daraus ein – über weite Strecken inhaltsleerer – dogmatischer Glaubenssatz.

Mittlerweile hat die SPÖ schon so viele Inhalte und Forderungen von der FPÖ übernommen, dass sich die beiden Parteien in manchen Politikbereichen kaum mehr unterscheiden. Aus dieser Perspektive wäre es durchaus logisch, auch im Parlament endlich einmal zueinander zu finden, oder nicht?

Ich halte die Frage für falsch gestellt. Aus meiner Perspektive geht es nicht darum, ob es eine Koalition mit der FPÖ geben darf, sondern, ob es sie geben kann. Eine SPÖ, die ich mir wünsche, würde überhaupt nicht auf diese Idee kommen.

Kleingeistiger autoritärer Nationalismus nach dem Vorbild Ungarns, Polizei- und Überwachungsstaat, militärische Aufrüstung, das Ausspielen von „Inländern“ gegen „Ausländer“ oder von Moslems gegen Christen, die Torpedierung des dringend nötigen Zusammenwachsens Europas, all das sind gute Gründe, die eine Koalition mit der FPÖ verunmöglichen würden – wäre die SPÖ tatsächlich die Partei der internationalen Solidarität, Demokratisierung, Toleranz, Transparenz und Menschenrechte und würde sie konsequent an einer offenen, solidarischen und ökonomisch gerechten Gesellschaft arbeiten.

Man kann aber von der FPÖ auch lernen: Ein großer Teil ihres Erfolgs besteht meiner Ansicht nach darin, dass sie ihren Wählerinnen und Wählern nie ein schlechtes Gewissen macht:

Die Konservativen sagen den Leuten, sie müssen fleißig sein und Leistung bringen.
Die Grünen sagen den Leuten, sie müssen die Umwelt schützen und Fahrrad fahren.
Die Sozialdemokraten sagen den Leuten, sie müssen sozial und solidarisch sein.
Die Freiheitlichen sagen ihnen aber: „Du bist gut, so wie Du bist, Du musst gar nichts!“

Will man also wieder dauerhaft Mehrheiten jenseits der FPÖ in der Bevölkerung finden, dann sind alle Parteien (nicht nur die SPÖ) gut beraten damit aufzuhören, die Menschen ständig bevormunden und bemuttern zu wollen. Denn wer wählt schon jemanden, der ihm oder ihr ständig sagt, was man tun soll?

Natürlich sind die einfachen Wahrheiten, die die FPÖ verkündet, für viele Leute verlockend und manche dieser Wahrheiten auch nicht ganz falsch. Aber das Ziel sollte wohl sein, dass die Menschen erkennen, dass ihr individuelles Wohlergehen ganz eng mit dem aller anderen Menschen verknüpft ist. Solidarität und Empathie sind keine Meinungen, für die man werben kann, vielmehr sind sie das Ergebnis von individuellen und gesellschaftlichen Lernprozessen. Womit wir bei der Bildungsmisere wären, aber das ist wieder eine andere Geschichte.

Bananenrepublik, elende!

Die heutige ZiB2 mit ihrem Bericht über die Zustände an der mazedonisch-griechischen Grenze regte mich zu einer Unmutsäußerung auf Facebook an:

Das letzte mal hab‘ ich mich für Österreich geniert, als Kurt Waldheim Präsident wurde. Jetzt ist es wieder so weit. Bananenrepublik, elende.

Posted by Michael Eisenriegler on Monday, February 29, 2016

Mein Freund Pepo Pointner antwortete darauf: „Bitte ein bisschen ehrlich bleiben und eigene kreative Ideen einbringen. Über die würde ich gerne diskutieren“.

Das mache ich doch gerne, daher hier meine etwas längere Antwort auf seine Aufforderung:

Willst Du’s wirklich wissen? Abseits der sachpolitischen Ebene halte ich es zunächst mal für unerträglich, die Griechen erstens im Stich zu lassen und zweitens zu Sündenböcken zu erklären, das ist ein ganz billiger Schmäh, der dem Ernst der Lage nicht gerecht wird. Mir kommt auch bei der angewandten Rhetorik das Speiben. Das, was da abgeht, ist nicht Politik, sondern der verzweifelte Versuch, zu besseren Umfragewerten zu kommen.

Das, was tatsächlich (sachpolitisch) passieren müsste ist eine militärische und zivile Intervention an ausgewählten Orten in den Krisengebieten, um dort sichere Zonen zu schaffen, in denen die Leute Zuflucht finden können, ohne über’s Meer nach Europa fliehen zu müssen. Diese Safe Havens (oder von mir aus auch Hot Spots) sollten aber nicht als Flüchtlingslager konzipiert werden, sondern als wachstumsfähige städtische Infrastrukturen, von denen aus Syrien, Libyen und der Irak wieder aufgebaut werden können, wenn der Krieg endlich ein Ende hat. Es ist klar, dass man die nicht von heute auf morgen schaffen kann und es ist klar, dass das viel Geld kostet und dass man die auch verteidigen wird müssen. Aber Europa hat dort auch Verantwortung und war an den meisten Schwachsinnigkeiten, die die Amis in der Region verbrochen haben, auch beteiligt oder sogar federführend (siehe Libyen).

Ich wünsche mir also eine Regierung, die internationale Politik nicht als Innenpolitik begreift, sondern die mutig Initiativen setzt, sowohl auf Ebene der EU als auch der UNO. Die nicht so tut, als wäre das Problem aus der Welt, wenn keine verzweifelten Leute mehr bei uns ankommen, die keine Sündenböcke benennt, sondern Partner sucht. Eine Regierung, die den Leuten Mut macht und Hoffnung gibt, sowohl dem eigenen Wahlvolk als auch jenen, die es bis hierher geschafft haben – und das nicht auf Kosten anderer, so wie es die Blauen so gerne tun.

Ganz ehrlich: Mir war die sogenannte Willkommenskultur auch ein bisserl zu blauäugig und auch ich habe mich gefragt, wo das enden soll, wenn jedes Monat 10.000 Leute bei uns stranden. Es ist völlig klar, dass das nicht ad infinitum so weitergehen konnte. Aber das, was jetzt abgeht, ist noch viel jenseitiger und ich bin peinlich berührt, wenn ich daran denke, dass die Tränengasgranaten und Wasserwerfer an der griechisch/mazedonischen Grenze eine direkte Folge österreichischer Innenpolitik sind. Dafür schäme ich mich.

Patentrezepte habe ich auch keine, die hat niemand. Aber entscheidend ist nicht einmal, welche Maßnahmen man genau setzt, sondern mit welcher Motivation, denn die Motivation leitet die Handlungen. Und Angst vor der FPÖ ist eine ganz schlechte Motivation – das ist aber die einzige, die ich derzeit erkennen kann.

Lieber Peter, war das jetzt kreativ genug?