Ich war offensichtlich unter den ersten, die das OTA Update auf die neue Android 4 erhalten haben und habe es jetzt schon einige Tage im Einsatz. Mittlerweile wurde die Verteilung des Updates durch Google anscheinend unterbrochen, und zwar mit gutem Grund: Das Handy wird dadurch unglaublich langsam (zum Beispiel können vom Anklicken eines Kontakts bis zum Wählen der Nummer 10 Sekunden vergehen) und die Batterieladung hält auch bei mäßiger Nutzung nur ein paar Stunden (obwohl die meisten Akkufresser, wie etwa GPS und WLAN bei mir deaktiviert sind). Meiner Schätzung nach braucht Android 4 um ca. 30 % mehr Strom als die Vorgängerversion.
Was die tatsächlichen Verbesserungen der neuen Version betrifft, so wurde zwar ausgiebig an der Optik herumgefeilt, aber grundsätzliche Verbesserungen sind mir bisher nicht untergekommen, eher im Gegenteil: Plötzlich kann man ein soeben geschossenes Foto nicht mehr automatisch anzeigen lassen und auch die Einstellung der Weckzeit ist viel unübersichtlicher als vorher.
Meine dringende Empfehlung: Google Nexus S User sollten auf das nächste Update warten. Oder auf das übernächste.
Nachsatz: Es ist anscheinend so, daß sich nach einigen Tagen oder Wochen die Batterieleistung wieder von selbst normalisiert, weiß der Teufel warum, sie ist jetzt jedenfalls wieder so wie vor dem Update. Die Performanceprobleme (z.B. bei der Auswahl von Kontakten) sind aber immer noch unverändert.
Manuskript meines Referats bei der Vortragsveranstaltung „Discover Mongolia“ vom 4. November 2011 in der Hauptbücherei Wien.
Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich will Ihnen eine Geschichte erzählen.
Wir schreiben das Jahr 1803. 600 Jahre nach dem Tod Dschingis Khans ist die Mongolei eine verarmte chinesische Kolonie, ausgebeutet von den Beamten der Manchu-Dynastie. Der Buddhismus, der erst 200 Jahre zuvor in der Mongolei eingeführt worden war, hatte bereits Wurzeln geschlagen. Die großen Klöster, die überall im Land entstanden, waren aber nicht nur Zentren für Kultur, Religion und Bildung. Unter den höheren buddhistischen Würdenträgern verbreiteten sich auch Korruption und Machtmißbrauch.
Die Noyon Hutagts waren eine lokale Reinkarnationslinie der „Gelben“ oder „Gelugpa“-Sekte des tibetischen Buddhismus in der Wüste Gobi. Der Junge namens Dulduitin Danzan Ravjaa (Дулдуйтын Данзанравжаа), über den ich heute sprechen will, war der 5. Vertreter dieser Linie, die nach dem Willen der chinesischen Machthaber eigentlich nicht mehr existieren sollte. Denn die früheren Inkarnationen waren bereits unangenehm aufgefallen, der 4. Noyon Hutagt wurde nach einer eskalierten Rauferei gar wegen Mordes hingerichtet. Daraufhin wurde die Suche nach der neuen Reinkarnation verboten.
Der kleine Danzan Ravjaa wuchs in ärmsten Verhältnissen auf. Sein Vater Dulduit war ein Landstreicher und hielt die Familie mit Gelegenheitsjobs gerade noch über Wasser. Seine Mutter starb bald nach seiner Geburt. Der kleine Ravjaa zog mit seinem Vater durch die Gobi und erfuhr am eigenen Leib, was es heißt, zur untersten Schicht der Gesellschaft zu gehören, eine Erfahrung, die für sein späteres Leben prägend sein sollte.
Nach mehreren legendären Begebenheiten wurde rasch klar, daß Ravjaa ein ganz besonderes Kind war. Er erkannte verschiedene Gegenstände und sein Pferd aus seinem früheren Leben, er verblüffte die Menschen mit seinen magischen Fähigkeiten und – bereits als Siebenjähriger – mit seiner Dichtkunst. Der Bub kam zur Ausbildung als „Tulku“, als reinkarnierter Heiliger, in ein großes Kloster. Zur Tarnung gab man ihm zunächst einen anderen Titel als den ihm zustehenden „Noyon Hutagt“. Erst nach Interventionen des Dalai Lama und des Panchen Lama in Peking durfte das Geheimnis gelüftet werden und er konnte seiner eigentlichen Berufung folgen.
In den nun folgenden Jahren entwickelte sich Danzan Ravjaa zu etwas, das man bei uns als Renaissancemenschen bezeichnen würde:
Er schrieb hunderte Gedichte und Lieder, für die er noch heute in der Mongolei berühmt ist. Sein Lied „Ulemjiin Chanar“, (Үлэмжийн чанар),das ich eingangs anspielte, kennt in der Mongolei jedes Kind. Seine Texte sind – oberflächlich betrachtet – meist kunstvoll gestrickte Oden an eine Frau, an ein Pferd oder an die Landschaft der Gobi, haben aber auch – mehr oder minder offensichtliche – spirituelle Dimensionen. Viele seiner Gedichte sind offen politisch oder sozialkritisch und prangern die Ungerechtigkeiten in der Gesellschaft an. Danzan Ravjaa war ein streitbarer Kämpfer für Gerechtigkeit, eine Eigenschaft, die ihn sein Leben kosten sollte.
Sein „Opus Magnum“ ist die Oper „Saran Khukhuu“, das Leben des Mondkuckuck. Theaterstücke und Opern waren zu dieser Zeit in der Mongolei fast völlig unbekannt, und diese Oper dauerte in ihrer Langfassung gleich ein Monat. Er errichtete dazu ein eigenes mehrstöckiges Theater mit ausgeklügelter Bühnentechnik, er ließ Kostüme anfertigen, gründete eine dazugehörige Schauspielschule und engagierte Frauen sowohl als Schauspielerinnen als auch für leitende Funktionen in seiner Truppe. Alles unerhörte Dinge zu dieser Zeit und in dieser gottverlassenen Gegend, mitten in der Wüste.
Apropos Frauen: Ein buddhistischer Mönch sollte mit Frauen eigentlich überhaupt nichts zu tun haben. Bei Ravjaa war es gerade umgekehrt. Es sind aber nicht nur seine Liebesbeziehungen, die hier erwähnenswert wären, er war auch und vor allem ein Vorkämpfer für die Rechte der Frauen. Hatte er sich schon mit seinem Theater und seinem Privatleben genug Ärger eingehandelt, so bestand er auch darauf, daß Frauen dieselbe Ausbildung wie Männer erhalten und dieselbe Wertschätzung in der Gesellschaft genießen sollten. So gründete er zum Beispiel für „seine“ Nomaden eine eigene Schule, in der Kinder ohne Ansehen des Standes und des Geschlechts koedukativ unterrichtet wurden. Ebenfalls alles unerhört in einer Gesellschaft, in der Bildung ein Privileg für Adelige und Mönche war.
Diese Aufzählungen seiner Heldentaten und Werke ließe sich noch lange fortsetzen: Er war ein bekannter Maler und Zeichner, er gründete das erste Museum und die erste öffentliche Bibliothek der Mongolei, er war ein Vorkämpfer für Hygiene und Körperpflege und hatte sogar eine eigene Badejurte, in die er die Nomaden zur Körperpflege einlud. Er schrieb Bücher über Medizin, war ein bekannter Heiler und Magier und viele Menschen kamen zur Behandlung zu ihm. Auch auf Reisen hatte er immer seine Kräuter dabei und um seine Behandlungserfolge ranken sich viele Legenden.
Nicht zuletzt war er auch das, als das er als Kind erkannt wurde: Ein verwirklichter buddhistischer Meister und Lehrer. Aber sogar in dieser Eigenschaft war er ein Querkopf: Er kümmerte sich nicht um die traditionellen Trennlinien und Querelen der älteren Rotmützen-Schulen mit den reformierten Gelbmützen, sondern er praktizierte und lehrte aus allen Schulen das, was er als nützlich ansah. Auch heute stehen in seinem wiedererrichteten Hauptkloster Khamariin Khiid ein „roter“ und ein „gelber“ Tempel nebeneinander. Ebenfalls unerhört.
Last, but not least, war er ein bekannter Trinker, eine Eigenschaft, die ihm – ebenso wie seine Beziehung zu Frauen – viele Probleme einbrachte: Danzan Ravjaa starb 1856, im Alter von nur 53 Jahren, an einer vergifteten Flasche Schnaps. Wer ihm das Gift zukommen ließ ist bis heute unklar. Eine populäre Theorie behauptet, daß sich die buddhistische Führungsspitze der Mongolei seiner entledigen wollte, da er auch immer wieder Korruption und Verfehlungen unter den eigenen Leuten erbarmungslos anprangerte. Wahrscheinlich war es aber eher so, daß er einem Komplott von Manchu-Beamten zum Opfer fiel, die es satt hatten, daß er seine Nomaden immer wieder gegen sie aufwiegelte.
Aus Angst vor Zerstörung seines Werkes durch die Manchu verpackten seine Mönche seine Habseligkeiten, Bücher und Schätze in über 1000 Kisten, stapelten diese im sogenannten „Weißen Tempel“ auf, setzten die mumifizierte Leiche in die Mitte und erklärten das Gebäude zum Grabmal. Denn nicht einmal chinesische Soldaten würden es wagen, eine Grabstätte zu Schänden. Auf diese Weise war das Vermächtnis Danzan Ravjaas – zumindest vorläufig – geschützt.
Der „Takhilch“, der Hüter seines Nachlasses, war ein gewisser Balchinjoichoo, er hatte ein auffälliges großes Geburtsmal auf dem Rücken. Die Legende sagt, daß in jeder Generation ein Nachkomme Balchinjoichoos dieses Geburtsmal haben wird, und dieser wird der nächste Takhilch sein.
Am Anfang der 1930er Jahre begann die Rote Armee gemeinsam mit den mongolischen Kommunisten die Klöster systematisch zu zerstören und auch das Grabmal Danzan Ravjaas war nun nicht mehr sicher. Der damalige Takhilch und Träger des Geburtsmales war Tuduv, der Ururenkel Balichinjoichoos. Er erkannte die Gefahr und fuhr jede Nacht mit einer Kiste hinaus in die Wüste, um sie zu vergraben. Nach 64 Kisten kamen die Soldaten und zerstörten Khamariin Khiid bis auf die Grundmauern.
Tuduv behielt sein Geheimnis für sich, bis 1960 sein dritter Enkel Altangerel geboren wurde. Auch Altangerel hatte das Geburtsmal und wurde unter völliger Geheimhaltung von Tuduv zum nächsten Takhilch ausgebildet. Er wurde vom Großvater nicht nur in den spirituellen Lehren und Traditionen Danzan Ravjaas unterwiesen, er mußte auch die Position und den Inhalt jeder einzelnen Kiste auswendig lernen.
Nach der Wende und nach dem Tod Tuduvs 1990 gründete Altangerel das Danzan Ravjaa Museum in Sainshand, der Hauptstadt der Provinz Dornogobi, und begann die Kisten zu heben und ihren Inhalt im Museum auszustellen. Im Jahre 2009 durfte ich mit einem österreichisch-mongolischen Team an der Ausgrabung von zwei dieser Kisten teilnehmen und diese live via Satellit ins Internet übertragen. Über 100.000 Menschen sahen uns dabei zu.
Warum taten wir das?
Im Westen hält sich bis heute das Stereotyp des ewig lächelnden buddhistischen Mönchleins, das weltabgewandt an der eigenen Erleuchtung arbeitet und sich sonst um nichts kümmert. Dieses Klischeebild entspricht leider nur allzu oft der Realität.
Wir wollten zeigen, wie Buddhisten auch sein können: Kraftvoll, streitbar, schützend, im besten Sinne politisch. Gegen Ungerechtigkeit und soziale Not, für Bildung und für die Rechte der Frauen, für Kultur und lebendige Spiritualität, gegen Korruption und erstarrte Dogmen.
Anscheinend brauchen wir dazu im Europa des 21. Jahrhunderts das Beispiel eines mongolischen Mönchs, der vor über 200 Jahren geboren wurde. Das ist für mich das Vermächtnis Danzan Ravjaas.
Nachtrag zum eingangs gespielten „Ulemjiin Chanar“: Auch Danzan Ravjaas Musik ist im besten Sinne modern. Sehen und hören sie selbst.
Zum Schluß, wenn wir noch Zeit haben, und es Sie noch interessiert, würde ich gerne unser Video von der Schatzsuche 2009 spielen:
Aus irgendeinem Grund häufen sich in diesem Herbst die Gelegenheiten, über vergangene Abenteuer zu erzählen. Hier die Termine:
Am Donnerstag, 27. Oktober nehme ich ab 18 Uhr an der Podiumsdiskussion „Sendeplatz“ über „Medien, öffentliche Meinung und Beteiligung“ teil. Ich berichte dort über die Erfahrungen, die wir mit der blackbox, der ersten österreichischen Online-Community, gesammelt haben. Ort: Wiener Planungswerkstatt, I., Friedrich-Schmidt-Platz 9.
Am Freitag, 4. November halte ich um 15.55 Uhr ein Kurzreferat über den mongolischen Heiligen Danzan Ravjaa im Rahmen des „Discover Mongolia Day“ der Mongolischen Botschaft in Wien. Ort: Hauptbücherei, VII., Urban-Loritz-Platz 2
Das Programm der Veranstaltung ist noch nicht 100%ig fix. Mehr darüber auf http://www.mongolei.or.at/ sobald es veröffentlicht wird.
Am Donnerstag, 10. November berichte ich ab 19 Uhr gemeinsam mit Marion Breitschopf und Reinhard Leitner von unseren Abenteuern als „Team OTSCHIR“ bei der Mongol Rally 2011. Ort: Raiffeisenhaus Wien, II., Friedrich-Wilhelm-Raiffeisen-Platz 1.