Hans ist Installateur, 29 Jahre alt, und wohnt mit seiner Frau Karin und seinem kleinen Sohn Marcel in einer Mietwohnung in Floridsdorf. Karin ist gelernte Friseurin, aber sie arbeitet nicht mehr, seit Marcel geboren wurde. Karin ist mit dem zweiten Kind schwanger. Karin und Hans würden gerne ein Haus bauen, das geht aber erst, wenn sie zumindest halbtags wieder arbeiten und etwas dazuverdienen kann.
Hans fährt gerne mit dem Auto. Vom Chef hat er einen Lieferwagen, mit dem er von Kundschaft zu Kundschaft fährt. Mit seinem eigenen Auto macht er am Wochenende Spritztouren mit seinen Freunden und Ausflüge mit der Familie. Karin braucht das Auto für Besorgungen und um einkaufen zu fahren. Hans weiß, dass das Autofahren ein Problem für die Umwelt ist. Aber es ist eben auch sein Hobby, für das er sich nicht genieren will. Immerhin war das Auto teuer, er zahlt es noch immer ab und er zahlt auch jede Menge Steuern. Er hat den Eindruck, dass er als Autofahrer nur zahlen darf und dafür von der SPÖ und ihrer Radfahrerlobby nicht einmal respektiert wird.
Hans ist Raucher. Eigentlich sind fast alle seiner Freunde Raucher. Er hat nichts gegen Nichtraucher und er weiß, dass das Rauchen nicht gut für ihn ist. Er hat aber das Gefühl, einer Hexenjagd ausgesetzt zu sein. Nicht einmal bei seinem Stammwirt (der und seine Kellner rauchen selbst) darf er mehr pofeln, auch nicht im überbauten Würstelstand – der Würstelmann raucht zwei Packerln am Tag. Die Strafen für die Wirten findet er absurd hoch. Jetzt müssen er und seine Freunde in der Kälte rauchen und er fühlt sich von der SPÖ, die das auch noch als Sieg feiert, mehr als schlecht behandelt.
Hans hat einen großen Hund namens Rexi, Ulli Sima nennt ihn einen Listenhund. Er ist mit großen Hunden aufgewachsen und kennt sich gut mit ihnen aus. Er mag seinen Hund und der Hund mag ihn. Rexi würde nie jemandem etwas zu Leide tun. Hans versteht schon, dass manche Hunde gefährlich sind, aber das liegt seiner Ansicht nach eher an den Haltern als an den Rassen. Dafür muss er mit Rexi jetzt einen Kurs besuchen, er muss eine theoretische und eine praktische Prüfung machen und Rexi darf nur noch mit Leine und Maulkorb außer Haus. Worüber sich Hans aber am meisten ärgert: Er darf, wenn er nachts vom Wirten kommt, mit seinem Hund nicht einmal mehr Gassi gehen – es gilt die selbe Alkoholgrenze wie beim Autofahren und die mögliche Strafe beträge € 1.000,-! Hans und Rexi fühlen sich von der SPÖ ohne Grund schikaniert.
Hans ist keine echte Person, er ist eine Persona. Jemand, in den man sich einfühlen kann, wie es ihm geht. Und die obigen Beispiele waren nur drei von dutzenden, die mir einfallen würden – von Musikgeschmack bis zu sexueller Orientierung, von „manspreading“ bis zu Hausfrauen, von Fleisch essen bis Pauschalreisen. Die LeserInnen dieses Blogs sind herzlich eingeladen, die Geschichte von Hans, Karin, Marcel und Rexi weiterzuschreiben!
Das dahinterliegende Thema ist immer dasselbe: Wer heutzutage einen traditionellen Lebensstil lebt, wird von dominanten Teilen der SPÖ als defekt oder verbesserungswürdig wahrgenommen – und es wird diesen Personen auch vermittelt, dass sie sich bessern oder erzogen werden müssen. Diese fühlen sich abgewertet und nicht respektiert, manchmal wohl zu recht.
Dabei geht es oft weniger um die Inhalte, als um den Ton, der die Musik macht. Die Menschen wissen genau, dass die SPÖ eine tolle Gesundheitspolitik macht, sie wissen, dass die Gemeindebauten eine große Errungenschaft sind und, dass eine pünktliche und saubere U-Bahn nicht selbstverständlich ist. Darum geht es nicht. Die Menschen verstehen auch, dass man weniger rauchen und weniger Auto fahren sollte. Aber sie verstehen nicht, warum sie deshalb als Menschen – gefühlt – weniger wert sind, warum sie schikaniert werden, warum die Politik sie erziehen will.
Und sie verstehen nicht, warum sie die SPÖ wählen sollten, wenn die SPÖ sie augenscheinlich nicht mag.
Weil er ein Hackler ist. Da er weder Bauer noch Millionär ist, ist er der ÖVP egal. Die FPÖ behauptet zwar, für ihn – den kleinen Mann – da zu sein. In Wirklichkeit wollen die Burschenschafter aber unter sich bleiben, um sich nach dem Schmiss volllaufen zu lassen und sich gegenseitig Jobs oder Aufträge zuzuschanzen. Für die Grünen ist er ein unkultivierter Ignorant aus der Vorstadt, dessen unverantwortlichem Handeln nur durch Verbote beizukommen ist. Zwar hat sich über Jahrzehnte eine Entfremdung zur SPÖ entwickelt, aber wenn er genau darüber nachdenkt, muss er zur Erkenntnis gelangen, dass sie immer noch die einzige Partei ist, die wenigstens partiell in seinem Interesse handelt.
Und wieder einer der den Inhalt nicht begriffen hat, und die Fehler bei den anderen sucht!
Karin möchte nach der Karenz gerne wieder arbeiten und wünscht sich einen Halbtagsjob, der sich gut vereinbaren lässt. Sie weiß, dass die SPÖ sich für die Rechte von Frauen einsetzt – Karenz und so – nur eines versteht sie nicht: Warum die SPÖ Vollzeitjobs für Frauen fordert, wenn Frauen doch eh schon den ganzen Tag arbeiten – bezahlt und unbezahlt. Oder glauben die etwa, der Haushalt macht sich von selbst? Ist das der SPÖ gar nichts wert? 40 Stunden kann sie sich nicht vorstellen. Dass es dabei nicht bleibt, sieht Karin ja bei ihrem Mann: Zwar würde Hans gerne mehr daheim tun, aber er kommt nicht dazu. Seine Arbeitstage werden immer länger und wenn er nach 12 Stunden von der Baustell‘ kommt, oft vollkommen durchfroren, ist der Kleine schon im Bett. Was soll er denn machen? Sie versteht ihn schon. Auch die SPÖ war für den 12-Stunden-Tag, fällt ihr dazu noch ein, … komisch für eine Arbeiterpartei, aber wurscht. Und da ist auch noch Anna, ihre Schwiegermutter. Anna hat in der Pflege gearbeitet und muss sich nach ihrem Bandscheibenvorfall schonen. Karin hilft ihr bei den Fenstern und Böden und sonst noch bei allerhand. Weil Anna kein Auto hat, macht sie ihr einmal pro Woche den Großeinkauf. Also, Karin weiß jetzt schon oft nicht, wo ihr der Kopf steht. Am Abend fällt sie todmüde ins Bett. Hoffentlich schläft der Kleine heut endlich durch, … Wie andere Frauen Karriere, Haus, Kinder, Hund und Schwiegermutter unter einen Hut kriegen und auch noch ausschauen, wie aus dem Ei gepellt, ist ihr ein Rätsel. Karin mag die FPÖ zwar nicht, aber dass die Leut fleißig sind, sagen die oft. Das gefällt ihr schon. Obwohl – es is eh alles g’hupft wia g’hatscht. Wozu wählen, wenn danach für die normalen Leut‘ alles nur schlechter wird? Und dafür wollen die auch noch ihre Stimme haben? „Wisst’s was – ihr G’scheitfurzer, g’haltet’s eure Kuli“, denkt sie sich, „ich bleib am Sonntag daheim.“
Karin würde gerne bei ihren Kindern bleiben, sie aufziehen und wachsen sehen. Sie denkt schon an die Zeit nach der Karenz, wenn sie wieder arbeiten gehen muss. Und ihre Kinder alleine lassen muss. Sie fühlt sich bereits jetzt schuldig und unwohl bei dem Gedanken ihre Kinder jemanden anderen zu überlassen. Und da war doch auch noch was, dass wir eigentlich aussterben weil ja auch immer weniger Frauen Kinder kriegen wollen. Sie stellt sich die Frage wie anderen Frauen wohl alt werden werden? Wer sich diese dann kümmert? Und irgendwie denkt Karin auch daran, dass es eigentlich immer weniger Arbeit gibt, und trotzdem will die SPÖ dass die Frauen arbeiten gehen. Irgendwie kann das doch nicht zusammengehen, denkt sie sich. Und sie denkt sich, ich kann diese SPÖ einfach nicht mehr wählen wenn die immer gegen mich agieren.
Noch etwas dazu: Es geht natürlich auch um die Inhalte. Aber die tatsächlich gelebten, nicht die erzählten.
Die SPÖ sagt: „Gegen Korruption“, ist aber dort, wo sie den Ton angibt (vor allem in Wien) nicht um ein Jota weniger korrupt als die anderen Parteien. Die SPÖ sagt: „Niemals mit der FPÖ“, koaliert aber im Burgenland – insgesamt recht erfolgreich – mit den Blauen. Die SPÖ sagt: „Für Frauenrechte“, hofiert aber Moslems, für die Frauen sehr oft Menschen 2. Klasse sind. Die SPÖ sagt: „Für Meinungsfreiheit“, fordert aber Interview- und Werbeboycotts gegen sogenannten „rechte“ Medien.
Das paßt nicht zusammen. Hinten nicht, vorne nicht und an der Wahlurne auch nicht.
Vor vielen Jahren gab’s einmal das „Universal-Parteibuch“ von Peter Orthofer (ist kurz nach der rot-blauen Regierung Sinowatz/Steger herausgekommen); und schon damals war die Antwort auf die Frage – Warum soll man SPÖ wählen? – ein Armutszeugnis: Weil schon die Eltern rot gewählt haben.
Damals war es ironisch gemeint. Mittlerweile ist es Realität.